Die Entschleunigung zieht ihre Kreise…
Meinungen, Informationen, interessante Aspekte – all das findet sich in dieser Sammlung rund um das Thema Slow Life.
Unser Anliegen ist es, die Slow Life Bewegung in ihrer Vielfalt abzulichten.
Diese Rubrik wird mit der Zeit ausgebaut bzw. aktualisiert werden.
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Slow Down
Vorsicht Hochspannung!
Von Tristan Garcia (franz. Schriftsteller, Philosoph)
BUCH: Das Intensive Leben
„Nach und nach wurden für fast alle Menschen im Westen zum höchsten Wert des modernen Lebens die Beurteilung eines bestimmten Lebensgefühls. Nicht ein bequemes und anständiges Leben zu führen, sondern ein starkes oder schwaches Existenzgefühl.
Es geht um die Intensität (Schmerz). Das Bild dafür ist die Elektrizität.
Die große Idee des 18.Jhd. war der Mensch als elektrisches Wesen.
Man dachte, unsere Nervosität, unsere Leidenschaft, unsere Qualen, alles, was uns bewegt, all unsere Emotionen hätten mit Elektrizität zu tun.
Intensität wurde zum Leitmotiv von Werbung und Waren.
Die Waren verkörpern die Intensität.
Mit Intensität verspricht die Gesellschaft dem modernen Menschen etwas Besseres als das Leben zu geben.
Kein gutes Leben im Jenseits, sondern ein besseres im Diesseits.
Lebe so intensiv es geht. Erfülle Deine Träume!
Beschleunige Dein Leben, immer noch bisschen mehr.
In den 80er Jahren hat man das intensive Leben gefeiert. Leistung wurde gefeiert.
Am besten wird das verkörpert durch Patrick Bateman aus „American Psycho“:
Er spiegelt den liberalen Individualisten der 80er – Er ist vollkommen rational.
Er bewertet und betrachtet sich, misst seine eigene Leistung.
Um sich Luft zu verschaffen, flippt er aus. Und befreit sich von dem Druck durch einen immer exzessiveren Lebenswandel (…).
Egal, ob Lust, Leidenschaft oder Schmerz = was zählt ist die Intensität.
Irgendwann wird man süchtig nach diesem starken Gefühl, ganz egal worum es geht.
Fragt man, warum sich jemand Leid zufügt, antworten die meisten, sie wollen wieder Herr ihrer Selbst werden, sie wollen etwas spüren.
Ohne Schmerzen fühlt man sich nicht mehr lebendig.
Wenn jemand einmal diese Intensität gespürt hat, reicht ihm das nicht mehr aus, er will immer mehr davon.
Deshalb muss er nicht nur seine Leistung steigern, er muss sich selbst immer wieder übertreffen.
Das Problem ist, dass der Mensch irgendwann nicht mehr kann. Er kann seinen Körper keiner unendlichen Intensität aussetzen.
Was passiert also? Er bricht zusammen. Burnout, Erschöpfung sind die Folge.
Dem muss man Grenzen setzen, diesen Wünschen, diesem Verlangen, dieser Rastlosigkeit, diesem ganzen Sog.
Die Suche nach Intensität sollte man weder feiern noch verteufeln. Nach dem Motto: wir wollen wieder stabile Werte, nicht ständig unter Strom stehen.
Um dieses Gefühl persönlich und kulturell zu steigern, muss man ihm widerstehen.
Man soll es nicht leugnen, aber ihm auch nicht einfach nachgeben.
Sondern eine Grenze ziehen und der Sucht nach dieser Intensität etwas entgegensetzen.
Nur wenn man einem Gefühl Widerstand leistet, spürt man es auch.
Intensität spürt man nur, wenn man ihm etwas entgegensetzt.“
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